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Förderverein für Palliativmedizin und -pflege in Mittelhessen e.V.

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2019-12-30: Das Kinder Palliativ Team Mittelhessen ist seit fünf Jahren im Einsatz

Holger Hauch PalliativPro

"Palliativversorgung bei Kindern ist auch Lebensbegleitung", sagt der Leiter des Palliativ Teams, Dr Holger Hauch. Foto: SAPV

Um die Lebensqualität der jungen Patienten zuhause bei der Familie zu sichern, wurde Ende 2014 das Kinder Palliativ Team Mittelhessen ins Leben gerufen. Wir haben ein Team der Einrichtung begleitet.

Von Diana Moor

GIESSEN - Der Begriff Palliation stammt vom lateinischen "pallium" - Mantel - ab. Die Leid lindernde Palliativmedizin könnte man also als "ummantelnd" bezeichnen. Dies gilt ganz besonders für schwerkranke Kinder und jugendliche Patienten - anders als in der Erwachsenenmedizin werden sie oft über viele Jahre versorgt. So kann man eher von Lebensbegleitung als von Sterbebegleitung sprechen. Um im häuslichen Umfeld die Lebensqualität der jungen Patienten zu sichern sowie die Symptome zu kontrollieren, wurde Ende 2014 das Kinder Palliativ Team Mittelhessen ins Leben gerufen. Seitdem fahren täglich Teams aus Ärztinnen und Ärzten sowie Krankenpflegerinnen ins Gießener Umland, um "Spezialisierte Ambulante Palliative Versorgung" (SAPV) für Betroffene und deren Familien zu leisten.

"Bitte Hände desinfizieren", verweist ein Schild an der Wohnungstür von Familie Köhler (Name geändert) die Gäste erst einmal ins Badezimmer. Darunter ein Bild des Sohnes Theo, ein knappes halbes Jahr alt, für den diese Maßnahmen wichtig sind. Dr. Volker Klein und Kinderkrankenschwester Brigitte Schmidt betreten das Wohnzimmer, wo die Mutter mit dem Kleinen auf der Couch sitzt, der die Besucher neugierig mustert. "Auf den ersten Blick würde ich sagen: Heute haben wir nicht viel zu tun!", freut sich der Arzt über die Verfassung des kleinen Patienten. Die mit Pflaster bedeckten Fingerspitzen des Kindes sowie Wunden an den Ohren weisen aber darauf hin, dass es sich hier nicht um einen gesunden Jungen handelt. Kurz nach der Geburt zeigten sich bei Theo körperliche Auffälligkeiten, nach einer Verlegung ins Gießener Uniklinikum sowie dem Besuch einer Spezialklinik in Freiburg war klar: Das Kind ist an Epidermolysis Bullosa erkrankt. Betroffene werden auch "Schmetterlingskinder" genannt, weil ihre Haut so empfindlich wie deren Flügel ist. Es entstehen sehr leicht Blasen, auch an den Schleimhäuten, die zu Narben führen können. Sowohl die Eltern als auch das Kinder Palliativ Team hatten vorher noch nie von der extrem seltenen Krankheit gehört, man habe sich erst einmal intensiv informieren müssen, erklärt Brigitte Schmidt


Für Theos Eltern bedeutet die Krankheit, auf bestimmte Dinge verstärkt zu achten. Zum einen ist die empfindliche Haut anfällig für Infektionen - daher der Zettel an der Tür. Krankenhausaufenthalte will die Familie wegen multiresistenter Keime um jeden Preis zu vermeiden. Zum anderen hat das Kind einen erhöhten Pflegeaufwand. Ein Schrank im Kinderzimmer ist mit reichlich Pflegematerialien gefüllt, Verbände müssen regelmäßig ausgetauscht werden und das Wechseln von Windeln kann mehrere Stunden dauern.

Nachdem Brigitte Schmidt und Volker Klein Theo in Augenschein genommen haben, geht es um andere Fragen - das Team widmet sich auch den psychologischen und sozialen Umständen. Wie verlief die Wundheilung in den letzten Wochen? Müssen Medikamente bestellt werden? Braucht die Familie Unterstützung bei der Bürokratie? Aber auch über Unternehmungen und Urlaubspläne wird gesprochen. Und die Mutter dankt Schmidt für deren Tipps bei der Körperpflege des Kindes. Der Umgang ist locker, es wird viel gescherzt und gelacht. Es ist wichtig, ein Vertrauensverhältnis aufzubauen, berichtet Volker Klein, der sich als Gast der Patienten sieht. Ihm ist wichtig, nicht dominant zu sein, die Autonomie der Familie soll so gut wie möglich unterstützt werden. Gleichzeitig soll das Selbstvertrauen der Eltern gestärkt werden, die häufig uninformierte Ratschläge erhielten. "Die Entscheidung treffen Sie!", bestärkt auch Brigitte Schmidt Vater und Mutter.

Theo geht es so gut, dass die regelmäßigen Besuche der SAPV im kommenden Jahr zunächst vielleicht pausieren können. Dennoch kann sich die Familie jederzeit ans Kinder Palliativ Team wenden - bei Bedarf wird die Versorgung auch wieder aufgenommen. Oft entstehen bei den Besuchen so enge Beziehungen, dass der Kontakt aufrecht erhalten wird, auch nachdem die Patienten sterben.
Doch obwohl das Team es häufig mit lebensverkürzenden Krankheiten zu tun hat, werden die Patienten immer älter. Daher vermeiden die Ärzte Prognosen, denn man dürfe den Familien nicht die Hoffnung nehmen, betont Volker Klein. Es sei wichtig, den Blick auf die Fähigkeiten und Fortschritte der Patienten zu lenken. So freut er sich auch über die positive Entwicklung von Theo, dessen Vater bekräftigt: "Er wird schon seinen Weg gehen!"

Die Erstattung der Versorgungskosten wird von den Krankenkassen geleistet. Zusätzliche, beispielsweise psychologische oder soziale Unterstützung wird allerdings nicht abgedeckt. Um die Lebensqualität der Familien unterstützen zu können, freut sich das Kinder Palliativteam über Spenden auf folgende Konten: Sparkasse: IBAN DE98 5135 0025 0222 0386 40; SWIFT-BIC SKGIDE5F. Volksbank Mittelhessen: IBAN DE38 5139 0000 0081 6987 08, SWIFT-BIC VBMHDE5F. Verwendungszweck: Kinderpalliativteam Mittelhessen.